Mondragón, die größte Genossenschaft Spaniens

Artikel vom 26.05.2021, 19:41 Uhr.



24. Stammtisch des REGIO-MARK e.V. am 18. Mai 2021 - online

Mondragón: Mit Solidarität zu weltweiter Innovation

Wie ein Jesuiten-Pater eine Schule gründete und damit ein globales Wirtschaftsprojekt in Gang setzte, berichtete Hans Ley, Social Entrepreneur aus Nürnberg, bei dem letzten Online-Treffen des Regio-Mark e.V. Schwabach.


Genossenschaften in Spanien

Im spanischen Baskenland hat das Genossenschaftswesen eine große Tradition. 1943 gründete der katholische Priester José Maria Arizmendiarietta in der vom Bürgerkrieg (1936-39) verwüsteten Region eine  genossenschaftlich organisierte Berufsschule für Ingenieure. Deren Absolventen schlossen sich zur Firma Fagor zusammen und spezialisierten sich auf Haushaltsgeräte. Es folgten 1958 eine eigene Sozialversicherung sowie 1959 eine Genossenschaftsbank. Bis 2020 entstanden so 260 Firmen, von denen 98 als Genossenschaften organisiert sind. Dazu gehören neben landwirtschaftlichen Genossenschaften auch die Konsumgenossenschaft Eroski - Spaniens drittgrößte Supermarkt-Kette -, eine eigene Universität, verschiedene Unternehmensdienstleister sowie Einrichtungen der angewandten Forschung. Aktuell arbeiten dort insgesamt über 80.000 Menschen, von denen etwa 80 % Genossen*innen an ihrem Unternehmen sind.


Industrieroboter und Fertigungsstraßen

Wichtig sei der Dreiklang von Solidarität, Innovation und Effizienz, um auch wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu sein, erklärte Ley. Viele der Unternehmen arbeiteten in High-Tech-Bereichen, etwa bei Fertigungsstraßen oder Industrierobotern. In Deutschland kooperiert die Genossenschaft etwa mit dem Hochpräzisionsmaschinen-Hersteller Danobat.


Einkommenssolidarität

Das Besondere ist die Einkommenssolidarität unter den Arbeitenden“, erläuterte Ley die Prinzipien. So liege das Verhältnis des niedrigsten Lohn zu dem der Management-Ebene bei 1:4,5 bis 6. Auch sei es möglich, dass die Mitglieder zwischen den unterschiedlichen Unternehmen wechseln könnten. Den Erfolg sah man bei der großen Finanz-Krise 2008. Zwar ging Fangor, die erste Genossenschaft Konkurs, doch fanden sämtliche Menschen in den Tochter-Firmen ein Fortkommen.


Demokratie

Die Organisation erfolge demokratisch. Während die Generalversammlung die strategischen Richtlinien vorgäbe, könnte jeder Betrieb selbst nach der optimalen Umsetzung suchen. So ergäbe sich ein lebendiger, lernender Organismus, der über keine starre Top-Down-Hierarchie verfüge. Um das starke Wir-Gefühl der Mitarbeitenden zu erhalten, würde die Größe eines Unternehmens auf etwa 500 Mitglieder begrenzt. Wächst man darüber hinaus, splittet sich das Unternehmen. Die Statistik gibt diesem Modell recht: Während Spanien mit 15 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit in der EU habe, betrage der Anteil im Baskenland nur 5 Prozent.


Weltweit

Patricia Zamalloa-Hügel, Professorin für Wirtschaftstheorie, Internationale Beziehungen und Umweltökonomie von der Schiller International University Heidelberg, führte aus, was dass „Modell Mondragón“ ausstrahle. „An unserer Hochschule wird Mondragón als Beispiel für Good Governancegelehrt“, sagte sie. Auch der Regio-Mark will sich zusammen mit verschiedenen Interessenten aus der Region in Mondragón informieren. Eine gemeinsame Fahrt nach Spanien ist für das nächste Jahr in Planung.


Wer mitfahren möchte, kann sich gerne beim 1. Vorsitzenden Clemens Koch, Tel.: 09171 895339 melden.



Weiterführende Literatur

Stiftwort  „Mondragon-Genossenschaft“ auf wikipedia.de: https://de.wikipedia.org/wiki/Mondrag%C3%B3n_Corporaci%C3%B3n_Cooperativa

Demokratische Unternehmen am Beispiel Mondragón: https://1e9.community/t/demokratische-unternehmen-am-beispiel-mondragon/9190

Dyttrich, Bettina; Wuhrer, Pit (2012): Wirtschaft zum Glück. Solidarisch arbeiten heute, weltweit. https://rotpunktverlag.ch/buecher/wirtschaft-zum-gluck



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