Die 7 Prinzipien der Genossenschaft
Artikel vom 11.05.2021, 08:37 Uhr.Kooperation statt Kapitalismus
Beim Online-Treffen des Regio-Markt e.V. am 20. April 2021 berichteten Aktivist*innen aus verschiedenen afrikanischen Ländern von ihren aktuellen Genossenschaftsprojekten.
Grundsätze genossenschaftlichen Handelns wurden von den Mitgliedern der International Cooperative Alliance (ICA) undFrank Bemmerlein, Experte aus Nürnberg für das Genossenschaftswesen,vorgestellt.
Genossenschaften in Afrika
Sie leben in Kenia, Tansania, Malawi, Mosambik oder Uganda, und doch sind sietrotz ihrer unterschiedlichen Herkunftsländer geeint: Die Mitglieder der InternationalCooperative Alliance, die als unabhängige und nichtstaatliche Genossenschafts-Organisation weltweit rund 800 Millionen Menschen vertritt. Kirianki Imanyara von der CooperativeUniversity of Kenya berichtete, dass die Genossenschaftsbewegung große Bekanntheit besitzt. „Am 1. Samstag im Juli, dem Internationalen Genossenschaftstag, sind im ganzen Land Mitglieder auf der Straße“, gibt er einen Einblick in das Leben innerhalb der kooperativen Wirtschaftsform.
Inklusiv und demokratisch
Ausschlaggebend
für diesen gesellschaftlichen Zusammenhalt sind sieben Grundsätze,
die seit 1995 für alle Teilnehmer innerhalb der Genossenschaft
verpflichtend sind.
- Die freiwillige und offene Mitgliedschaft beugt
der Form staatlicher Zwangsvereinigung vor und verhindert einen Club
nur für Reiche.
- Gleiches gilt für den Grundsatz der Autonomie und
Unabhängigkeit.
- Eine demokratische Kontrolle anhand des Spruchs „One
man, one vote“ sieht die Menschen, nicht die Aktienanteile (wie
bei Aktiengesellschaften) im Mittelpunkt.
- In der Generalversammlung
können die demokratischen Grundlagen aktiv gelebt werden. Die
Mitglieder der Generalversammlung handeln autonom, denn sie sind
Teilhaber der Genossenschaft.
- Erzielt die Genossenschaft Gewinne,
werden diese gleichmäßig ausgeschüttet.
- Fortbildung und
Information dienen der ständigen Weiterbildung der Mitglieder.
- Zusätzlich dient das Engagement innerhalb der Genossenschaft, demokratische und kooperative Verhaltensweisen einzuüben.
Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit
Die Zusammenarbeit mit anderen Genossenschaften stellt einen Gegenpol zum gewinnmaximierenden und konkurrenzorientierten Kapitalismus dar. Statt Konkurrenz und Kampf um Absatzmärkte oder möglichst geringe Produktionskosten ist hier Teamarbeit und Kooperation wichtig: Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wie können Synergien erzielt werden? Wer hat ein gutes Best-Pratice-Beispiel, das sich auch auf die eigene Kooperative anwenden lässt? Ergänzt wird dieses ökonomische Miteinander mit der sozialen und ökologischen Vorsorge für die Gemeinschaft: Welche Produktionsmethoden sind am nachhaltigsten für die Umwelt, durch welche Projekte kann der Gesellschaft am besten geholfen werden?
Gemeinwohl-Bilanz
Beispielhaft für diese wirtschaftlichen und ökologischen Grundlagen steht die Orientierung an der Gemeinwohl-Bilanz, wie sie von Christian Felber und seinen Mitstreitern entwickelt worden ist. Die Gemeinwohl-Bilanz haben die Genossenschaftsmitlieder bei einem Besuch in Bayern kennengelernt. Die Genossenschaft TAGWERK in Erding und München-Garching richtet Erzeugung und Verkauf ihrer Biomarkt-Produkte nach dieser Bilanz aus underzielte zuletztinsgesamt 626 der maximal möglichen 1.000 Punkte. Wurden die sozialen und ökologischen Wirkungen der Produkte mit 81 Punkten als gut bewertet, besteht bei der Kategorie „Demokratie und Transparenz“ mit 24 Punkten noch deutlicher Verbesserungsbedarf.
Zukunftsweisend für Gesellschaft
Einigkeit bestand unter den Teilnehmern des Online-Treffens, dass sowohl die genossenschaftlichen Grundsätze als auch die Praxisbeispiele aus Bayern zukunftsweisend sind. „Grundsätzlich sollten die Kriterien des genossenschaftlichen Arbeitens beispielhaft für die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft unserer Länder sein“, ist sich Kirianki Imanyara aus Afrika sicher. Auch in Deutschland ist der Gedanke des Genossenschaftswesens wieder aktuell. Vor einigen Jahren wurde das Genossenschaftsgesetz erneuert und an die modernen Bedingungen des Zeitgeistes angepasst. Dies kann Grundlage dafür sein, dass in Schwabach und im Landkreis Roth wieder neue Genossenschaften gegründet werden.
Weiterführende Links im Internet zum weiteren Studium:
- International Co-perative Alliance: https://www.ica.coop/en
- Co-operative University of Kenya: https://www.cuk.ac.ke/
Tagwerk:https://tagwerkcenter.net/
Gemeinwohl-Bilanz (Überblick): https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinwohl-Bilanz
Gemeinwohl-Bilanz (Erstellung):https://web.ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz/gemeinwohl-matrix/arbeitsmaterialien/
Genossenschaftsverband: https://www.genossenschaftsverband.de/genossenschaft-gruenden/genossenschaft-als-rechtsform/