Bedürfnisökonomik II

Artikel vom 10.02.2019, 21:00 Uhr.

Dreizehnter Stammtisch des REGIO-MARK e.V. am 15. Januar 2019

Eine zentrale Botschaft der Bedürfnisökonomik, in die beim Stammtisch im November letzten Jahres eingeführt wurde, ist: Werde dir als Mensch deiner wirklichen Bedürfnisse bewusst. Und die daraus abgeleitete Frage für uns ist: „Was brauche ich wirklich?“.

Der durchschnittliche Mensch in den westlichen Industrieländern hat heute ca. 10.000 Dinge in seinem Haushalt. Ist er sich dessen bewusst? Worauf könnte er verzichten? Oder anderes Thema: wie viel Stunden Schlaf brauche ich wirklich? Studien zeigen, dass viele Menschen über eine Stunde weniger schlafen, als sie gerne möchten. Und die Schlafenszeit hat in den letzten 50 Jahren in den westlichen Industrieländern um 1,5 h pro Kopf abgenommen! Clemens Koch, Vorsitzender des Regio-Mark e.V. ging in seiner Einführung weiter auf das Thema Sucht ein – die Sucht als Verhalten oder gar Krankheit, das körpereigene Belohnungssystem durch den Konsum von immer mehr stofflichen und nicht stofflichen Substanzen zu befriedigen.

Nach diesen einführenden Gedanken wurden dann die Beiträge der Gäste sehr persönlich. Insbesondere der Umgang mit dem Smartphone, der Umgang mit den sozialen Medien wurde sehr selbstkritisch hinterfragt. Insbesondere die „Abhängigkeiten“ von schnellen Nachrichten und Antworten und dem „In-Sein“ durch Likes etc. wurden genannt. Auch das eigenen Schlafdefizit wurde zaghaft aber selbstkritisch angesprochen. Alternativen und positive Beispiele wurden genannt: so geht einer der Gäste her, und schreibt wieder klassisch Postkarten – das braucht Zeit, die Antwort kann warten und Karten können als schöne Dekoration verwendet werden. Ein anderer Teilnehmer berichtete von seinen Geschenken zu Weihnachten – gemeinsames Essen als Geschenk, was anfangs auf Unverständnis und Ablehnung stieß.

Ein gewisses Hin- und Hergerissen sein stellte sich dann im Lauf der Diskussion über den Gebrauch der neuen Techniken wie Smartphone ein. Zum einen sei der Konsum, die Abhängigkeit, die Zeitverschwendung und die himmelschreiende Produktionsbedingungen sehr kritisch zu sehen und abzulehnen. Andererseits sei der Fortschritt, die Erleichterungen in vielen Lebensbereichen nicht zu verachten. Ähnlich diskursiv habe man vor über 100 Jahren auch über die Eisenbahn diskutiert. Jedoch eines steht fest: mit der Errungenschaft der neuen Technik gehen auch erworbenen Fähigkeiten verloren – jeder kennt das Beispiel mit Navi und demOrientierungssinn; andere Beispiele wurden aus dem Bereich der Medizin genannt, wo der Blick eines erfahrenen Arztes oder der Griff einer erfahrenen Hebamme in Bruchteilen von Sekunden die Lage analysierten, während die Apparate-Medizin tage- bzw. wochenlang falsche Diagnosen stellten! Bildlich gesprochen: dass das Feuer heiß ist, lernt man nicht am Smartphone oder Tablet.

Angesichts des hohen Ressourcenverbrauchs stellte sich die Frage, ob unser gesellschaftliches, wirtschaftliches System noch zu retten sei? Oder fahren wir es mit wahnsinnig viel Intelligenz an die Wand? So lebt die Menschheit derzeit so, als hätte sie 2 Erden zur Verfügung – der ökologische Fußabdruck ist gegenüber den nachfolgenden Generationen nicht mehr zu vertreten. Damit stellte sich die Frage, ob und wie es möglich wäre, z.B. den Energie- oder Ressourcenverbrauch zu regulieren. Kann oder soll es der Staat oder eine Staatengemeinschaft tun, z.B. in Form von Punkten, die an die  Bürger verteilt werden. Eines wurde klar – die Selbstheilungskräfte der „sozialen Marktwirtschaft“ versagen beim Schutz von Klima und Ressourcen. Dem steht diametral die Interessen des Kapitals entgegen, sich selbst „bis ins Unendliche“ zu vermehren. Ein wichtiges Hilfsmittel hierfür ist die Werbung, die Menschen zu treuen, unkritischen Konsumenten konditioniert.

Und das wird das Thema der nächsten Sitzung sein: Wie viel Werbung braucht der Mensch? Nächster Stammtisch am 19. März 2019  um 19:30 Uhr im Mehrgenerationenhaus Flurstraße 52. Es dürfte wie immer ein spannender und unterhaltsamer, diskussionsfreudiger Abend werden. Herzliche Einladung an alle Interessenten!



Stichworte: | Permalink | Trackback URI


Ähnliche Beiträge: